Stefan Fink
Fotocredit: KPMG

Stefan Fink: Chancen durch die Kraft des Mindsets

#schongenial im Gespräch mit FH-Prof. Mag. Dr. Stefan Fink, der als Chefökonom der KPMG Österreich zentraler Ansprechpartner und Koordinationsstelle für volkswirtschaftliche Informationen und Analysen innerhalb der renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist.

Jetzt Partner werden

#schongenial: Unsere Zeit ist geprägt von großen Verwerfungen, massiver Unsicherheit, manche sprechen von einer Zeitenwende, andere von der großen Transformation. Als promovierter Volkswirt blicken Sie, man könnte sagen, aus der Vogelperspektive auf die Welt, insbesondere auf das Wirtschaftsgeschehen. Worin sehen Sie die größten Herausforderungen, die größten Risiken und Chancen für Österreich und Europa?

Stefan Fink: Ich möchte mit dem Begriff „Zeitenwende“ beginnen. In der Geschichte der volkswirtschaftlichen Lehrmeinungen ist die Redewendung „this time it’s different“ unzählige Male zu lesen. Tatsächlich sind die meisten (volks-) wirtschaftlichen Entwicklungen und Marktbewegungen durchaus robust, und auf wenige grundlegende Determinanten zurückzuführen. Menschen, Unternehmen, Länder – alle Handlungsträger der Wirtschaft reagieren auf Anreize im Versuch und versuchen, bewusst oder unbewusst, unter den gegebenen Rahmenbedingungen ihr individuelles Optimum zu erreichen. Damit wird das Mindset zum entscheidenden Faktor für wirtschaftliche Dynamik – unabhängig von Zeit, Region, oder Rahmenbedingungen. Insbesondere wenn diese unsicher sind. Und Unsicherheit ist der aktuell prägende Begriff. Unsicherheit bezüglich geopolitischer Entwicklungen, von möglichen Handelskonflikten, Sorgen bezüglich der weiteren wirtschaftlichen und Beschäftigungsentwicklung, insbesondere im verarbeitenden Gewerbe.

Die Unsicherheit ist damit gleichzeitig das größte Risiko aus volkswirtschaftlicher Sicht. Unsicherheit sorgt dafür, dass trotz der deutlich gestiegenen Kaufkraft der privaten Haushalte (in Folge von Lohnsteigerungen und Inflationsrückgang) die Konsument:innen äußerst zurückhaltend bleiben, und auch die Investitionsneigung der Unternehmen, trotz spürbarer Zinssenkungen, auf niedrigem Niveau verharrt.

Darin liegt aber auch eine große Chance. Selbst die geringsten positiven Nachrichten können Impulse einer Trendumkehr sein.

Trotz aller Herausforderungen darf man nicht vergessen, dass die Ausgangsposition insbesondere der österreichischen Volkswirtschaft eine sehr gute ist: hochqualifizierte Arbeitskräfte, Innovationskraft von Unternehmer:innen, ein zwar angespanntes Budget aber die Möglichkeit strukturelle Impulse zu setzen. Es gibt schlechtere Startbedingungen.

#schongenial: Was braucht es Ihrer Meinung nach, die Chancen auch in Erfolge verwandeln zu können?

Stefan Fink: Wie bereits erwähnt ist meiner Einschätzung nach das Mindset eine der entscheidenden Faktoren. Die aktuelle Wahrnehmung der Lage, sowohl auf Seite der Privatpersonen als auch der Unternehmen, ist eine sehr düstere. Das zeigt sich auch in den Stimmungsindikatoren. Obwohl beispielsweise in Deutschland und Österreich die Beschäftigung deutlich über dem EU-Schnitt liegt, ist die Einschätzung der Lage eine signifikant schlechtere als in anderen EU-Ländern. Natürlich sind die strukturellen Herausforderungen, vor allem beispielsweise auch im Automotive-Sektor, für die beiden eng verflochtenen Volkswirtschaften, extrem hoch. Aber – und das wird oftmals vergessen – es besteht Gestaltungsspielraum. Wir sind nicht nur fremdgesteuert, und verfügen über die Möglichkeiten starke positive Impulse zu setzen. Das ist erforderlich, um die spannenden Chancen in Erfolge transformieren zu können.

#schongenial: Klassische ökonomische Modelle gingen lange davon aus, dass Menschen rational und egoistisch handeln. Die Verhaltensökonomie hat jedoch gezeigt, dass Menschen oft irrational handeln und sich durch kognitive Verzerrungen, Emotionen und soziale Normen beeinflussen lassen. Welche Bedeutung hat dieser psychologische Aspekt für Sie in der heutigen Zeit?

Stefan Fink: Das Eine schließt das Andere nicht aus. Der Begriff der Rationalität isoliert betrachtet greift, und das zeigt die aktuelle Situation besser als jedes Lehrbuch, viel zu kurz. Der Begriff „Bounded Rationality“ beschreibt das für mich am besten. Jeder entscheidet sich in einer bestimmten Situation so, wie sie / er es unter den gegebenen Informationen und Erwartungen als optimal betrachtet. Diese Informationen und Erwartungen sind jedoch immer eingebettet in einen Rahmen, in ein Umfeld. Und genau hier kommt der psychologische Aspekt ins Spiel, ohne das Grundprinzip der rationalen Entscheidung zu konterkarieren. Da der Handlungsrahmen aktuell durch die hohe Unsicherheit und den sehr stark vor allem auch medial negativen Newsflow negativ geprägt ist, hemmt dies die durchaus mögliche wirtschaftliche Dynamik. Aber in der Psychologie liegt auch der Schlüssel zur Trendumkehr.

#schongenial: Sie kennen #schongenial – die weltweit erste Initiative unternehmensübergreifender sozialer Verantwortung: Gemeinsam. Unabhängig. Zum Wohle aller. Positives
sichtbar und bewusst machen. Mit dem klaren Ziel, das Fundament für eine positive Grundstimmung zu legen. Welche spontanen Assoziationen verbinden Sie mit dieser Initiative?

Stefan Fink: Die erste Assoziation ist: großartig, und notwendig. Großartig weil die Initiative ein ganz wichtiges Instrument sein kann, um die stimmungsmäßige und nicht immer fundierte Abwärtsspirale zu durchbrechen. Und notwendig, weil es so wenige Kristallisationspunkte des Optimismus gibt. Und es geht hier nicht um substanzloses Schönreden, sondern um etwas mehr realistische und gleichzeitig positiv belegte Substanz ins Feld zu werfen.

#schongenial: Wenn wir von der Vogelperspektive in die Welt der Unternehmen eintauchen und wir Sie abschließend fragen, welchen der drei Bereiche des ESG (Environmental, Social und
Governance) kommt ihrer Meinung der größte Hebel für eine florierende Wirtschaft und gelingenden Gesellschaft zu?

Stefan Fink: Obwohl ich mich nicht gerne entschlage, kann ich mich hier auf keine Priorität festlegen. Auch wenn ESG aktuell vor allem aus der „E“ Komponente besteht (was wichtig und richtig ist), sind die Social und Governance Dimension auf mittlere und lange Frist unverzichtbare Erfolgsfaktoren. Das Mindset wird sich ändern, davon bin ich fest überzeugt. Und jeder Beitrag ist enorm wichtig, der dazu beiträgt, das Pendel in die andere Richtung schwenken zu lassen.

#schongenial: Herzlichen Dank für Ihre Zeit und das inspirierende Gespräch.

Zurück

Teile inspirierende Geschichten mit uns!

Wir schreiben gerne über engagierte Menschen, besondere Initiativen und soziale Aktivitäten aus deinem Umfeld! Stichworte und Kontaktdaten reichen. Wir kümmern uns um die redaktionelle Aufbereitung.

Für eine bessere Stimmung in der Gesellschaft: schon genial