Vom Altkleiderhaufen in den Papierkreislauf
Unter der Leitung von Thomas Harter vom Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik verfolgt das Projekt ein klares Ziel: Textilabfälle in den Papierkreislauf einzubinden, statt sie zu verbrennen oder ins Ausland zu exportieren. Der Ansatz ist ebenso einfach wie innovativ: Die mechanischen Prozesse aus der Papierproduktion werden so angepasst, dass auch textile Fasern verarbeitet werden können.
Zunächst werden die Kleidungsstücke in kleine Fetzen geschnitten und in Wasser eingeweicht. Das Wasser-Fasergemisch wird dann in einem speziellen Mahlwerk zerkleinert – ein Prozess, den Masterstudent Alexander Wagner in seiner Arbeit genau untersucht hat. Er ermittelte die ideale Mahldauer, das geeignete Gerät und das optimale Verhältnis von Wasser zu Textilien, um eine feine, klumpenfreie Fasersuspension zu erhalten.
„Am Ende haben wir eine Masse, die sich in Aussehen und Verhalten kaum von einer klassischen Papiersuspension unterscheidet“,
erklärt Thomas Harter. Der große Vorteil: Die so erzeugte Faserlösung lässt sich mit bestehenden Verfahren der Papierherstellung verarbeiten – ein echter Gewinn für die Kreislaufwirtschaft.
Mehr Festigkeit, weniger Müll: Das Potenzial von Textilpapier
Ein weiterer Pluspunkt: Das neue Papier ist nicht nur nachhaltig, sondern auch besonders zugfest.
„Schon bei einem Textilanteil von 30 Prozent zeigt unser Papier eine deutlich höhere Festigkeit als konventionelles Recyclingpapier“,
sagt Alexander Weissensteiner, der ebenfalls an der Optimierung mitarbeitet. Grund dafür sind die längeren Fasern der Baumwolle: Mit etwa 1,7 Millimetern sind sie wesentlich robuster als jene aus herkömmlichem Altpapier.
Optisch ist das Textilpapier leicht bräunlich, mit vereinzelten Farbsprenkeln – Überbleibsel bunter Kleidungsstücke. Für Verpackungen wie Kartons oder Versandtaschen ist das aber kein Problem. Im Gegenteil: Die sichtbare Herkunft unterstreicht den Recycling-Charakter des Produkts.
Nächster Schritt: Vom Labor in die Industrie
Die Vision der Forschenden geht jedoch weit über das Labor hinaus. Der nächste Meilenstein ist die energetische Optimierung des Mahlprozesses – etwa durch den Einsatz enzymatischer Vorbehandlungen oder milder chemischer Zusätze, um die Fasern leichter aufzuschließen. Gleichzeitig plant das Team, den gesamten Ablauf auf Industrieanlagen zu übertragen.
„Streng genommen ist die Umwandlung von Textilfasern zu Papier ein Downcycling“, räumt Harter ein. „Aber im Sinne der Umwelt ist es ein großer Gewinn.
Denn der Papierkreislauf ist hochgradig geschlossen – Verpackungen werden zu über 80 % recycelt. Wenn wir Textilfasern dort einbringen, bleiben sie über lange Zeit nutzbar.“
#schongenial, wie innovativ Österreichs Forscher sind!