#schongenial: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns nehmen. Was bedeutet für Sie persönlich Wertschätzung?
Claus Hager: Wertschätzung hat für mich sehr viel mit Aufmerksamkeit zu tun. Um etwas wertzuschätzen, muss ich es wahrnehmen und mir den Wert dessen auch bewusst machen. Auf der persönlichen Ebene glaube ich, dass in jedem von uns ein tiefes Bedürfnis steckt, selbst wahrgenommen zu werden. In der Begegnung genügt hier oft ein Lächeln, ein freundlicher Gruß, oder ein kurzes Gespräch. Gleichzeitig hat Wertschätzung für mich etwas mit Dankbarkeit zu tun. Dankbarkeit auch für jene Dinge des alltäglichen Lebens, die vermeintlich selbstverständlich sind. Zum Beispiel, dass ich jeden Tag in einem sauberen, klimatisierten Zug von der Arbeit nach Hause fahren kann.
#schongenial: Wie wird dieses Thema in einem Ordensspital und speziell hin zu den Patient:innen gelebt?
Claus Hager: Krankenhäuser sind Orte, an denen der Wert des Lebens an sich stark in den Vordergrund drängt, begleiten sie doch Menschen in allen Lebenslagen, von der Geburt bis zum letzten Atemzug. Auf der einen Seite finden Spitzenmedizin und High-Tech Anwendung. Andererseits ist das Gespräch, das Halten einer Hand, oder manchmal einfach das gemeinsame Schweigen hilfreich. Freud und Leid liegen sprichwörtlich oft nah beieinander - zwei Patienten in einem Zimmer, der eine wird wieder gesund, der andere nicht. Für unsere Mitarbeitenden bedeutet das, den Menschen mit seinen individuellen Bedürfnissen zu erkennen und wahrzunehmen. Einen Rahmen dafür bieten die christlichen Werte, die uns als Ordenskrankenhaus leiten. Es gibt im Alltag viele Momente der Wertschätzung. Der wohl schönste ist der Dank von Patient:innen oder Angehörigen, die sich in ihrer besonderen Lebenssituation gut versorgt bzw. begleitet gefühlt haben.
#schongenial: Fehlt es uns Ihrer Meinung nach in unserer Gesellschaft an Wertschätzung?
Claus Hager: Ich glaube ja, und auch hier lande ich wieder bei der Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Wir leben einerseits in einer Welt der permanenten Erreichbarkeit, Reizüberflutung und Ablenkung. Gleichzeitig vermitteln einem Medienberichte das Gefühl einer latenten Krise, wohin man blickt. Beides verstellt oft den Blick auf die vielen positiven Dinge, die einem täglich begegnen.
#schongenial: Wie kann Wertschätzung in diesem Umfeld gesteigert werden?
Claus Hager: Wir sollten öfter bewusst Pausen machen, egal ob beruflich oder privat. Fragen wie „Was ist mir wichtig?", oder „Wofür bin ich heute dankbar?" leiten mich persönlich dabei, mit der eigenen Aufmerksamkeit bewusst umzugehen. Positives sichtbar zu machen, ist dabei enorm wichtig. Darum finde ich die Initiative #schongenial schon genial.
#schongenial: Vielen Dank für das sehr offene Gespräch.